Hühnerfrikassee


Das letzte Mal hab ich ein Frikassee im April 2019 gepostet. Damals gab es einen Lobgesang auf Retro Gerichte, die fast vergessen sind. Oder so meinte ich damals. Heute hab ich das Frikassee einfach interessehalber gegoogelt und festgestellt, daß es wirklich viele Rezepte gibt, die alle ziemlich ähnlich sind. Sogar Nelson Müller machte ein über 30 minütiges Video, das bestimmt länger dauerte als ein Frikassee, wenn das Fleisch von einem anderen Gericht übrig war. In einem anderen Video war davon die Rede, daß Hühnerfrikassee eines der beliebtesten Gerichte Deutschlands ist.

Also gut – mein Eindruck ist ein anderer, aber vielleicht wird das Gericht nur noch (hauptsächlich) privat genossen.

Meine Präferenz ist das Frikassee mit Erbsen und Champignons zu machen, aber es gab auf dem Markt schon grünen Spargel, da musste ich zupacken. Deshalb sind auch ein Spargelstücke mit dabei. Die Erbsen waren frische in Schoten, die mein unglaublicher Gemüsehändler gegenüber hatte. Ich hätte dort auch Steinpilze bekommen, das nötige Kleingeld vorausgesetzt.

Gestern schon kochte ich die Karkasse des Hähnchens aus, deren erste Hälfte ich gestern genoss. Heute gab ich eine halbe Schalotte mit 2 Nelken, Keule, Oberschenkel und Flügel dazu, ausserdem die Brust , aber nur für 10 Minuten, dann nahm ich sie wieder heraus. Der Rest köchelte weitere 35 Minuten weiter. Danach liess ich die Hähnchenteile etwas abkühlen. Noch später trennte ich das Fleisch von Knochen, Haut und Knorpeln und schnitt es in leicht essbare Stücke.

Ich nahm etwa 30 g Butter, liess sie schmelzen und gab Mehl dazu, um eine Mehlschwitze zu machen. Es ist besser, langsam vorzugehen, weil es einige Zeit dauert, bis der Mehlgeschmack verschwindet. In Louisiana in der Cajun Küche gibt es dreierlei Roux (Mehlschwitzen), eine helle, eine mittelbraune und eine dunkle. Die dortigen Köche sagen es braucht mindestens 7 Minuten, um den Mehlgeschmack wegzubekommen. Die verschiedenen Roux werden für verschiedene Gerichte benutzt, die Bindung ist je heller, desto stärker. Darauf gab ich den Hühnerfond, den ich durch ein Sieb passierte und anschliessend etwas mehr einkochte.

Nachdem ich die Erbsen aus ihren Schoten entfernt hatte, gab ich sie mit den Spargelstücken in salziges Wasser und kochte sie etwa 10 Minuten, bis sie gar waren und stoppte den Kochvorgang mit kaltem Wasser, um das Gemüse danach beiseite zu stellen.

Jetzt schnitt ich die Champignon in Achtel und briet sie mit einer kleingehackten Schalotte in etwas Rapsöl an.

Der Fond hatte jetzt die richtige Konsistenz und Sämigkeit und bekam jetzt etwa 50 ml Sahne dazu.

Dazwischen hatte ich einen ganz normalen Langkorn Reis auf die übliche Art gemacht (1xReis, 2x Wasser, aufkochen, Deckel drauf, Temperatur runter, 20 Minuten garen).

Alle übrigen Komponenten wurden in den Fond gegeben, aufgewärmt und danach angerichtet. Etwas Petersilie dazu und fertig.

14 Kommentare zu “Hühnerfrikassee

  1. chef mimi sagt:

    I haven’t even seen the word frikassee in ages! But it looks wonderful and flavorful!

    Gefällt 1 Person

  2. Alex sagt:

    I admit it is a little old school, but, as I said, it seems to be a secret favorite here in Germany (at least at home). One doesn’t see it on restaurants‘ menus anymore.

    Gefällt 1 Person

  3. tontoeppe sagt:

    Stell Dir vor: das gab es dieses Wochenende auch bei uns. Meine Mutter lässt die Erbsen weg (stell ich mir aber wirklich lecker vor!), frischer (weißer) Spargel und braune Champignons sind dabei, ebenso wie Kapern und kleine Hackbällchen (zusätzlich zum Huhn), mit Zitrone abgeschmeckt.

    Du hast Recht. Dieses Gericht gibt es kaum in Restaurants, manchmal aber noch in Landgasthöfen oder seltsamerweise in Betriebskantinen oder Mensen.

    Like

    • Alex sagt:

      Klingt ein wenig nach einer Variante der Königsberger Klopse…statt mit Kalb, dann eben mit Huhn. Die Kapern, die Hackbällchenform und die Zitrone deuten darauf hin.
      Daß dieses Gericht fröhliche Urständ‘ in Kantinen feiert, wundert mich nicht, es ist auf GROSS gedacht relativ preiswert.

      Gefällt 1 Person

  4. kormoranflug sagt:

    Super, traditionell zu kochen ist ganz normal.

    Like

  5. BAG sagt:

    Klingt sehr lecker, hab ich ähnlich auch schon gemacht. Es ist wirklich ein feines Gericht, das mal NICHT mit Gewürzen überladen ist. So, und jetzt hab ich schon wieder Hunger ….. 🙂

    Gefällt 1 Person

  6. kormoranflug sagt:

    Diese drei Mehlschwitzen musst ich schon als Kind für die Küche meiner Grossmutter herstellen. Die Kunst ist rühren, rühren, rühren und rechtzeitig vom Herd nehmen damit die Einbrenne nicht schwarz wird . Auf einer holzgefeuerten Kochmaschiene war das nicht immer so einfach.

    Like

  7. Rene Martini sagt:

    Ja, jetzt im Winter beschäftigt man sich vermehrt mit Huhn.

    Kauft Hühner beim Bauern, übt sich im tranchieren (Schenkel nur mit dem « Sot-l’y-laisse » zusammen in einem Stück entnehmen) und bereitet aus den Karkassen und Abschnitten wunderbares Küchengold: Brühen!

    Dein Rezept, Deine Idee passt da bestens dazu!
    Und was Cajun-Küche ist weiss ich jetzt in etwa auch.

    Like

  8. Alex sagt:

    Da fällt mir dazu ein: Es gibt nichts Neues unter der Sonne – kann es sein, daß die Franzosen von den Österreichern die Einbrenne Rezepte hatten und im Zuge der Vermischung mit den indigenen Ureinwohnern und der schwarzen Bevölkerung diese Rezepte weitergab? Das ist auch nur halb lustig gemeint. In der Cajun Küche wird auch mit Boudin gekocht (ist aber nicht mehr das Gleiche), oder auch mit Schinken, die wahrscheinlich ursprünglich französischem nachempfunden waren…

    Like

    • Rene Martini sagt:

      Das interessiert, das werde ich mal versuchen zu ergründen. Was man aber bei vielen typischen österreichischen Gerichten anmerken muß ist, dass Sie schlichtweg aus anderen Kulturen übernommen wurden. Sogar das berühmte Wiener Schnitzel!

      Like

      • Das Wiener Schnitzel wurde nicht von Feldmarschall Radetzky aus Italien mitgebracht, das wurde mittlerweile schlüssig nachgewiesen, dass diese Geschichte erfunden ist. Diese Aneignung, erstmals aufgetaucht 1969 in einem italienischen Gastroführer, hat mit Südtirol zu tun, als es damals um die Autonomie Südtirols ging.

        Like

  9. Ich wurde auch direkt wieder hungrig… 😊

    Ganz liebe Grüße! VVN

    Like

  10. Double five sagt:

    Oh, das sieht sehr gut aus! Das kommt mit auf den Speisezettel, Dankeschön!
    LG Uschi

    Like

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .