Morgens auf dem Markt war ich erstmal sehr irritiert – kein Käsewagen, keine Vorankündigung, der Chef muß krank sein. Hoffentlich nichts schlimmes, weil erstens sind er und die Verkäuferinnen sehr sympathisch, und zweitens gibt es hier nirgendwo etwas ähnliches. Ich müsste nach Stuttgart in die Markthalle und vorher meinen Wagen verpfänden. Und dort müßte ich 3 Käseläden aufsuchen, um alles abzudecken, was er anbietet.
Aber das Leben geht weiter, und ich bin auch weitergegangen, nämlich an den Stand nebenan, das ist der mit den guten Hühnern, Eiern, Kaninchen und dem Lamm.
Heute lag eine letzte Packung frischer Wachteln in der Auslage, die gekauft werden wollte. Ich hab schon lange keine Wachteln mehr gemacht, also kaufte ich tatsächlich.
Beim Pfälzer gab es einen Bund frischer kleiner rote Bete, außerdem Estragon. Ich hab auch Erbsen mitgenommen (die hab ich an zwei weiteren Ständen gesehen – werden die zweimal im Jahr geerntet?) und vom Gewürzstand Kardamom in Kapseln (wegen der Kürbissuppe letzte Woche, wo ich auf gemahlenen Kardamom zurückgreifen mußte).
Dann bin ich noch zur Käsekonkurrenz gepilgert und hab mir 4 Stück Käse mitgenommen (Camembert, Chaource, Coulommiers und einen Saint Agur), aber das erste Probieren war nicht so toll- lediglich der Camembert war reif mit ausgeprägtem Geschmack. Der Coulommiers wird wahrscheinlich schon verzehrt sein, bevor er reif ist, der Chaource ebenso. Tja und der Saint Agur ist eben kein Bleu d’Auvergne…
Aber besser als gar kein Käse.
Zuhause angekommen googelte ich die Wachteln, nur um eine schöne Entdeckung zu machen. Ich hab früher jeden Tag das „Kochduell“ geschaut. Ich fand es am Anfang interessant, wie die verschiedenen Köche auf Zuruf die wildesten Produkte noch zu etwas Gutem kombinieren konnten.
Einer dieser jungen Könner hieß Carsten Dorhs, und der macht wohl jetzt Videos für Chefkoch ( und vielleicht auch für andere Foren). Der ist nüchtern und unaufgeregt, aber er ist sehr genau und erklärt alles, daß es Sinn macht.
Seine Wachtel gab es mit Linsen und einer Balsamicoreduktion mit Feldsalatsträußchen. Von ihm hab ich mir das Ausbeinen der Keule und der Brust abgeschaut, wie auch das zurückschieben der Haut auf dem letzten Flügelknochen und dem Unterschenkelknochen. Alte Schule! sag ich da nur.
Ich hatte aber vorher noch ein anderes Video angeschaut, ich weiß nicht mehr wer, aber ein Amateur, ein junger Mann, der aber mit Trauben eine „Winzerinnen“-Variation herstellte.
Weil ich beim Pfälzer auch Müller-Thurgau-Trauben aus der Pfalz mitgenommen hatte, bot sich diese Variante an, also kombinierte ich beide Varianten.
Eins noch: Ich hab tatsächlich nur einmal Wachteln gemacht (eben nachgeschaut), und zwar am 4. Dezember 2010, also schon eine Weile her. Die waren gefroren gekauft gewesen, und Frau B. hatte sich über die vielen Knochen beschwert. Durch das Entbeinen hat sich dieser Kritikpunkt bei diesm Gericht erübrigt 🙂
Zuerst die Wachteln entbeinen. Das lass ich lieber den Carsten Dorhs erklären. Brüste und Keulen beiseite stellen. Puy-Linsen mit der doppelten Menge Wasser aufsetzen. Ich dachte, es würde schneller gehen, aber sie waren erst nach etwa 40 Minuten und weiterer Wasserzugabe angenehm bissfest. Gleichzeitig hatte ich zwei kleinere Knollen Bete in Wasser gegeben und die langsam geköchelt. Jetzt rührte ich die Vinaigrette an, die auch bei Chefkoch vorkommt, weil es die Linsen als lauwarmen Salat gibt.
1,5 El weißen Balsamicoessig
3 El Olivenöl
1 El Senf
1 Tl Honig
Salz
Pfeffer
Als die Bete fertig war, ließ ich sie abkühlen und schnitt sie in kleine Würfel. Die gab ich zu den Linsen. Und zu diesen Zutaten kam die Vinaigrette. Es musste allerdings nochmal mit Salz abgeschmeckt werden.
Die Karkassen und sonstigen Reststücke der Wachtel wurden scharf angebraten, dazu kam eine Schalotte und eine Knoblauchzehe im Ganzen, dann etwa 5 cm Tomatenmark (hätte man vielleicht weglassen sollen, wegen der Farbe) und eine Handvoll kleingeschnittenes Suppengrün von der Mutter des Pfälzers (da ist auch Selleriestange und Fenchel mit dabei). Alles scharf angeröstet, mit Sherry Fino abelöscht, reduziert und mit Weißwein aufgefüllt. Später hab ich auch da Wasser nachgefüllt.Kochzeit war hier auch fast eine Stunde, der Geschmack wurde immer besser.
Jetzt gab ich die Reduktion durch ein Sieb, gab eine Handvoll der Trauben dazu und kochte die Sauce nochmal auf. Dann gab es zwei El Creme Fraiche dazu, während die Sauce auf ganz kleiner Hitze vor sich hinblubberte.
Als alles soweit fertig war, hab ich die Brüste und die Keulen zuerst scharf auf der Hautseite, und dann bei reduzierter Hitze auf der anderen Seite angebraten. Daneben hab ich Estragon gehackt und zu der Sauce gegeben (etwa 2 Minuten vor Schluß) und angefangen, den Teller anzurichten
Fazit: Für mich ist das ein Heimspiel. Ich liebe jedes Geflügel. Eine Wachtel schmeckt fast wie ein gutes Hühnchen, nur die Größe ist anders. Die Stücke waren sehr saftig und gut gewürzt.
Puy Linsen sind eine Spezialität aus der Gegend um Le Puy, einem Ort in der vulkanischen Auvergne in Frankreich. Sie sind klein und grün, ein bißchen wie Belugalinsen mit anderer Farbe und sie tragen das französische Schutzsiegel der Herkunft, AOC.
Sie gehören wie die Lenticcie Castelluccio aus dem italienischen Umbrien, den Belugalinsen und den schwäbischen Albleisa zu den besonderen Linsen, die nicht verkochen und dazu einen besonderen nussigen Geschmack haben.
Rote Bete ist für meine Begriffe wie gemacht als Partner für Linsen. Sie haben die Erdigkeit gemein, die Bete verleiht der Linse aber noch Säure und Fruchtigkeit. Das wurde natürlich noch von der Vinaigrette unterstrichen.
Die Saucenreduktion war der Hammer! Durch das Auskochen der Karkasse gab es genügend Röstaromen, die Creme Fraiche verlieh der intensiven Reduktion eine Cremigkeit und feine Säure, und die geschmorten Weintrauben unterstrichen die Fruchtigkeit. Sie passte auch sehr gut zu Linsen/Bete, mit der sie sich ob der Nähe fast zwangsweise vermischte.
Ich denke, ich werde nicht nochmal 5 Jahre warten, um Wachteln nochmal zu machen!


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